Die Aufregung über Amazon bringt es ans Licht: Unbeirrt krempelt der Versandhändler unser aller Leben um. Er baut ein Monopol, das in Richtung „Same-Day-Lieferung“ läuft. Die Branche ist verängstigt.
Jeff Bezos, der Gründer und CEO des Online-Kaufhauses Amazon, führt das neben Google und Facebook größte Internetunternehmen der Welt. Geschätztes Vermögen: 20 Milliarden Dollar. Bezos berichtete vom zehnjährige Jeff, schmächtig, schlau und vorlaut, der während der Fahrt in den Urlaub den Großeltern vorrechnete, dass sich die Lebenszeit der Oma durch deren Zigarettenkonsum um neun Jahre verkürze, woraufhin die alte Dame in Tränen ausbrach.
Wer wie er vom lieben Gott mit mehr Hirn gesegnet sei als üblich, schloss Bezos aus dem Drama, habe im Leben die Wahl: seine Cleverness auszuspielen auf Kosten anderer oder seinen Nächsten zu lieben. Angesichts der aggressiven Wachstumsstrategie, die Bezos seit der Amazon-Gründung 1994 gegen alle Kritik exekutiert hat, keimte in der Kapelle in Princeton die Ahnung: Wer auch nur annähernd so erfolgreich sein will wie der 49-Jährige, sollte sich schleunigst für Lebensvariante eins entscheiden.
Geräuschlos zum bald mächtigsten Händler der Welt
Dass Amazon relativ geräuschlos in den vergangenen zwei Dekaden zum bald mächtigsten Händler der Welt aufgestiegen ist, sei weniger Bezos’ Nächstenliebe geschuldet, stöhnt auch der deutsche Literaturbetrieb: Bald habe Bezos sein Ziel erreicht, Buchläden aus Beton gänzlich überflüssig zu machen, so wie gedruckte Bücher und die althergebrachten Verlage, deren verlegerische Funktion Amazon fortan gerne selbst übernehmen würde. Oft wird Amazon als Geschäftsmodell ohne Profit geschmäht, doch wer das sagt, hat Bezos’ Philosophie nicht verstanden. Und die Amazon-Bilanz auch nicht. Vier Milliarden Dollar Betriebsgewinn erzielte der Konzern im vergangenen Jahr, doppelt so viel wie ein Jahr zuvor.
Doch das Cash steckte Bezos augenblicklich wieder in den Bau einer schnelleren Website, in mehr und größere Lager und gewaltigere Marketingschlachten: Amazon soll wachsen. Und wachsen. Und wachsen. Ausbeutung nennen es die einen, andere nennen es die totale Effizienz, die in allererster Linie dem Unternehmen zugutekommt. Der Verantwortliche für Wirtschaftsförderung im englischen Glenn Watson, wo Amazon ein Lager unterhält, urteilte wenige Tage vor dem ARD-Report in einer vernichtenden Reportage der „Financial Times“ über die knapp kalkulierenden Amerikaner: „Sie sind nicht als guter Arbeitgeber angesehen. Sie helfen nicht unserer Wirtschaft.“
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