Telekom blockiert Breitbandzugang

Geschrieben von M4W Kreativ*
Veröffentlicht am 2. Juni 2013
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Deutsche Telekom und Telekom Austria blockieren Ausbau moderner Glasfaser-Breitband-Zugänge für KMUs und Privatkunden

Mehr Breitband durch noch aufwendigere Signalverarbeitung auf den alten Kupferleitungen, statt der Einführung von Glasfaseranschlüssen – so stellt sich zumindest die Deutsche Telekom die Zukunft der Breitbandversorgung vor.

Telekom gibt Negativtrend vor

Die Deutsche Telekom hat Investitionen in Höhe von sechs Milliarden Euro versprochen – aber nur, wenn sie für die Weiterverwendung der in den sechziger Jahren (!) flächendeckend verlegten Telefonleitungen freie Hand bekommt. Mit der Einführung des VDSL2-Vectoring auf ihren wirtschaftlich längst abgeschriebenen Kupferadern will sie nach eigenen Angaben bis 2016 insgesamt 24 Millionen und damit etwa 60 Prozent der bundesdeutschen Haushalte mit hochbitratigen Breitbandanschlüssen versorgen können.

Als die Telekom vor drei Jahren den Einstieg in die Gigabit-Gesellschaft verkündete, hatte das Unternehmen noch andere Pläne zur Modernisierung des Zugangsnetzes: Den Planungen zufolge sollten bis Ende 2012 bis zu vier Millionen Haushalte mit FTTB (Fiber-to-the-Home) erschlossen sein. Davon ist nun keine Rede mehr. Nur auf etwa 200.000 Installationen ist die Telekom hingekommen.

Die Telekom freut sich: Mittels Vectoring lässt sich der "Hausanstich" zur Glasfaserverkabelung der Haushalte noch hinauszögern. / Bild: Deutsche Telekom AG / Quelle: c't

Die Telekom freut sich: Mittels Vectoring lässt sich der „Hausanstich“ zur Glasfaserverkabelung der Haushalte noch hinauszögern. / Bild: Deutsche Telekom AG / Quelle: c’t

Das „neue“ Verfahren namens VDSL2-Vectoring kommt da gerade recht: Das Vectoring eliminiert die wechselseitigen Störungen der VDSL-Signale auf den parallel in einem Leitungsbündel liegenden Doppeladern zu den Teilnehmeranschlüssen. Nur unter günstigen Bedingungen lassen sich auf diese Weise die Download-Geschwindigkeit sowie die Reichweite steigern (bis zu 50 MBit/s bei bis zu 500 m Entfernung): Sämtliche Teilnehmeranschlüsse vom im Kabelverzweiger (KVz) untergebrachten DSLAM in der komplexen Signalverarbietungen müssen zur Korrektur der Übertragungsfehler einbezogen werden, der gleichzeitige Betrieb von Vectoring und herkömmlichen System ist nicht möglich, nur ein Netzbetreiber kann das Verfahren in einem Leitungsbündel einsetzen, Kontrolle über sämtliche Leitungen, etc.

Nur Glasfaser ist zukunftsträchtig

In der Fachwelt ist Vectoring verpönt. Dort wird dieses Verfahren nicht als Fortschritt gesehen (so wie propagiert wird), sondern als Rückschritt betrachtet (weil veraltete Technologie). Aus technischer Sicht ist Glasfaser die einzige Antwort und am besten dafür geeignet, den zukünftigen und noch unbekannten Breitbandbedarf für die Endkunden im Anschlussnetz zu transportieren. Denn nur mit Glasfaser – in einer sog. FTTB/H-Architektur – spielen Übertragungsgeschwindigkeiten und Entfernungen kein Thema mehr.

Mit neuen Verfahren wie dem unterirdischen Bohren vom Hausanschlussraum zum Abzweigpunkt auf der Straße geht die Glasfaser-Verlegung in vielen Fällen ohne Aufgraben des Vorgartens! Der Kostennachteil der Glasfaser könnte daher bald verschwinden.

Nur Kupfer 2.0?!

Ob der versprochene schnelle Breitbandzugang (Glasfaser 100 MBit/s, VDSL 50 MBit/s) nun mit Vectoring oder über Glasfaser ins Haus kommt, mag den meisten Usern, die (noch) nicht in den Genuss schneller Kabelnetzanschlüsse gelangen können, egal sein. Hauptsache, die Breitbandversorgung wird endlich verbessert. Doch zu der berechtigten Hoffnung besteht nur wenig Anlass, da sich die Telekom auf die Versorgungsgebiete der Kabelnetzbetreiber fokussiert, die lediglich etwas über der Hälfte aller Haushalte erreichen.

Statt ins Endspiel mit der zukunftssicheren Glasfaser geht die Telekom beim Wettbewerb mit den anderen Kabelanbietern lieber in die Verlängerung, indem sie die Schraube der DSL-Evolution noch ein Stückchen weiter dreht. Mit dem „quick and dirty fix“ agiert die Telekom wie Autoverkäufer in einem Entwicklungsland: Sie bauen zwar keine Straßen, aber sie entwickeln tolle Fahrwerkstabilisierungen, sodass man die Schlaglöcher kaum merken wird.

Kurzum: Was die Straßen für den Verkehr sind, sind die Datenhighways für uns Unternehmer. Und die notwendigen Impulse (Planungen, Förderungen usw.) müssen vom Land und von Bund kommen. Bis dahin profitieren nur die Telekom und vielleicht noch die Ballungszentren. Aber den Betrieben außerhalb der Einzugsgebiete verwehrt man den Schritt in die Zukunft.

 

Quelle: c’t 10, „Die Telekom forciert VDSL-Vectoring statt Glasfaser“

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