E-Commerce: Das Herkunftslandprinzip

Geschrieben von M4W Kreativ*
Veröffentlicht am 18. Oktober 2012
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Definition: Was ist das Herkunftslandprinzip?

In der E-Commerce-Richtlinie der EU wurde im Bereich E-Commerce ein Prinzip festgelegt, wonach sich die rechtlichen Anforderungen an einen in einem Mitgliedsstaat der EU niedergelassenen Anbieter elektronischer Dienste (Diensteanbieter) nach dem Recht seines Sitzstaates richten. In Österreich wurde dieses Prinzip als sogenanntes „Herkunftslandprinzip“ umgesetzt. Danach unterliegt ein Website-/Webshop-Betreiber grundsätzlich nur den rechtlichen Bestimmungen, die in jenem Staat bestehen, indem er seinen Unternehmenssitz hat (§ 20 ECG).

Ausnahmen: Zahlreich vorhanden!

Von diesem Grundsatz gibt es allerdings zahlreiche Ausnahmen. Liegt eine solche Ausnahme vor, so hat der Diensteanbieter (Website- / Webshop-Betreiber) auch jene Rechtsvorschriften zu beachten, die in jenem Staat bestehen, an den bzw an dessen Staatsbürger / Unternehmen sich sein Dienst bzw sein Angebot richtet.

Die wichtigsten Ausnahmen vom Herkunftslandprinzip umfassen im Wesentlichen folgende Bereiche (§ 21 ECG):

  • Urheberrecht (§ 21 Z 1 ECG)
  • gewerbliche Schutzrechte, das sind: Markenrecht, Musterschutzrecht, Patentrecht, Gebrauchsmusterrecht und Halbleiterschutzrecht (§ 21 Z 1 ECG)
  • Verbraucherschutzrecht (§ 21 Z 6 ECG)
  • Rechtsvorschriften bezüglich der elektronischen Zusendung von Werbung, das ist insbes E-Mail-Werbung (§ 21 Z 8 ECG)
  • Gewinn- und Glücksspiele, bei denen ein Einsatz, der einen Geldwert darstellt, zu leisten ist, einschließlich von Lotterien und Wetten (§ 21 Z 11 ECG)
  • Rechtsvorschriften über Waren, wie etwa Sicherheitsnormen, Kennzeichnungspflichten, Verbote und Einschränkungen der Innehabung oder des Besitzes, sowie über die Haftung für fehlerhafte Waren (§ 21 Z 12 ECG)

Die in der Praxis bedeutsamste Ausnahme ist die Ausnahme für den Verbraucherschutz. Die Ausnahme vom Herkunftslandprinzip bewirkt, dass immer (auch) die Verbraucherschutzbestimmungen des Wohnsitzstaates des Verbrauchers anzuwenden sind, unabhängig davon, welche Rechtsvorschriften sonst auf das Vertragsverhältnis anzuwenden sind. Insbesondere bei Webshops ist daher immer das Verbraucherrecht des jeweiligen Verbraucherstaates zu beachten, das heißt, dass auch die Website mit den jeweiligen Verbraucherschutzbestimmungen kompatibel sein muss. Dies betrifft insbesondere die Informationspflichten und Rücktrittsrechte nach der Fernabsatz-Richtlinie (FARL), die EU-weit nur Mindestvorschriften vorsieht und daher in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU nicht einheitlich umgesetzt ist.

Die neue Verbraucherrechte-Richtlinie wird hier zu einer Vereinheitlichung führen, wenn diese (voraussichtlich 2014) in den einzelnen Mitgliedstaaten umgesetzt wird.

Konsequenzen: Für die Praxis

Dies hat zwei Konsequenzen, was an einem Beispiel verdeutlicht werden soll:

1. Enthält eine österreichische Website zB in AGB oder im Hinblick auf Informationspflichten für Verbraucher Bestimmungen, die dem deutschen Verbraucherrecht widersprechen, so gelten für den deutschen Verbraucher dennoch die deutschen Bestimmungen.

Auch eine Rechtswahl ist hier nur sehr eingeschränkt möglich, sodass auch eine Vereinbarung, dass österreichisches Recht zur Anwendung kommen soll, nichts daran ändert, dass (zumindest strengeres) deutsches Verbraucherrecht zur Anwendung käme.

2. Abgesehen davon, dass somit deutsches Verbraucherrecht zur Anwendung kommen kann, kann das österreichische Unternehmen von einem deutschen Konkurrenten oder einem deutschen Klagsverband (einem Verband ähnlich wie der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb in Österreich) auch wegen Verstoßes gegen das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), das es sowohl in Österreich und auch in Deutschland (und auch in anderen Staaten) in ähnlicher Form gibt, auf Unterlassung geklagt werden. Da sich der Rechtsverstoß in Deutschland auswirkt, wäre sogar eine Klage vor einem deutschen Gericht möglich.

Üblicherweise erhält man dazu zuerst ein kostenpflichtiges Schreiben eines Rechtsanwaltes, in dem man aufgefordert wird, die unrichtigen Angaben in Zukunft zu unterlassen und die Kosten des Rechtsanwaltes zu übernehmen. Treffen die Vorwürfe des Rechtsanwaltes zu, besteht in der Regel nur wenig Verhandlungsspielraum und die Kosten müssen übernommen werden. Auf jeden Fall sollte – so die Vorwürfe stimmen – die Unterlassungserklärung abgegeben werden.

Nähere Informationen dazu finden sie auf wko.at.

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