Auch nach dem Tod leben oft Menschen über ihre digitalen Spuren im Internet weiter. Vermutlich ewig. Zumindest mehrere (Google-)Server lang. Was passiert aber nach dem Tod mit E-Mail-Konten und anderen Online-Diensten?
Wenn Internetuser sterben ist oft unklar, was mit dem E-Mail-Konto geschieht. Oder mit dem Profil im Sozialen Netzwerk. Oder wenn ein Angehöriger verstirbt, und die Passwörter nicht bekannt sind. Für Erben kann das zum Problem werden. Heikle Fragen, auf die Google eine Antwort hat. Wir geben einen Überblick über die derzeitige Lage.
Digitale Nachlassverwaltung?
Der Facebook-Freund ist tot. Verstorben vor etwas mehr als einem Jahr. Doch dann, zu seinem Geburtstag, erinnert Facebook mit einer automatisierten Meldung seinen gesamten Freundes- und Kollegenkreis daran, dass man ihm doch bitte gratulieren möge. 234 Personen. Denn Facebook löscht die Profile seiner Teilnehmer nicht. Offensichtlich auch nicht die der Toten.
Ob das makaber ist oder das Weiterleben im Internet sogar ein würdiges Andenken ermöglicht – darüber lässt sich trefflich streiten. Tatsache ist, dass vielerorts überhaupt nicht geregelt ist, was mit den digitalen Spuren im Internet passieren soll, wenn jemand das Zeitliche segnet. Google will nun seinen Nutzern die Gelegenheit geben, ihren so genannten „digitalen Nachlass“ zu verwalten.
Google startet Testament-Funktion für Online-Dienste
Google stellte nun für seine Online-Dienste eine Testament-Funktion vor, die Nutzern Kontrolle über den Umgang mit persönlichen Daten nach ihrem Ableben gibt. Mit dieser Funktion könnten sich Nutzer sozusagen auf ihr „digitales Leben nach dem Tod“ vorbereiten und zugleich ihre Privatsphäre schützen.
Der Service wird für den E-Mail-Dienst Gmail, die Online-Videoplattform YouTube, den Foto-Dienst Picasa, das soziale Netzwerk Google+ sowie den Online-Datenspeicher Drive eingeführt. Nutzer können dort zB verfügen, ob ihre Daten nach drei, sechs oder zwölf Monaten ohne Aktivität auf dem Konto automatisch gelöscht werden. Außerdem können Bekannte oder Familienmitglieder als Verwalter des digitalen Nachlasses bestimmt werden. Um versehentliche Löschungen zu vermeiden, soll der Nutzer zuvor per E-Mail oder SMS eine Vorwarnung erhalten.
Facebook, GMX & Co haben andere Regeln
Andere Online-Dienste haben andere Regeln für den Umgang mit Todesfällen. Facebook gibt zum Beispiel die Möglichkeit, eine Seite als virtuelles Denkmal weiterzubetreiben.
GMX und Web.de löschen nach eigenen Angaben E-Mail-Konten automatisch, wenn Nutzer sechs Monate lang inaktiv waren und wenn sich keine Erben melden. Allerdings wird vor einer Löschung eine Warn-E-Mail verschickt, sagt ein Sprecher der 1&1 Mail & Media GmbH, die die Angebote betreibt. Sollten Konten doch versehentlich der automatischen Löschung zum Opfer fallen, gibt es bei GMX sechs Monate lang die Möglichkeit sie zu reaktivieren, bei Web.de unbegrenzt.
Häufig ist jedoch auch gar nicht geregelt, was der Anbieter mit den Daten von Verstorbenen anfängt. Dann ist es den Erben überlassen, sich mit der Frage eventueller Löschungen herumzuschlagen. Oft ist es für Angehörige aber schwierig, an die Internetprofile Verstorbener heranzukommen, etwa weil sie die Passwörter nicht kennen.
Verbraucherschützer: Ein heikler Zwiespalt
Verbraucherschützer halten das Thema für eine höchst heikle Angelegenheit. Die Verbraucherzentrale Hessen hat sich jüngst mit der Problematik befasst. Eine Sprecherin sagt, es werde einerseits zunehmend zur Notwendigkeit, sich darum zu kümmern, was nach dem eigenen Tod mit E-Mail-Konten und Online-Profilen geschehen soll, um die Erben zu entlasten. Andererseits sei es eine goldene Regel, Benutzernamen und Passwörter niemals weiterzugeben. Selbst eine Aufnahme der Nutzerdaten in das Testament sei schwierig, da ja die Empfehlung gelte, Passwörter in regelmäßigen Abständen zu ändern. Eine Patentlösung für das Problem gebe es nicht.
Der „Inactive Account Manager“ von Google sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung, findet die Sprecherin. Jedoch bestehe ein Restrisiko, dass auch dort Daten unerwünscht gelöscht oder weitergegeben würden. Das könne etwa dann passieren, wenn ein noch lebender Nutzer länger inaktiv war. Zwar bekommt er eine Warn-SMS, aber gelegentlich wechselt man ja auch die Handynummer.
Auch Profis bieten ihre Dienste an
Mittlerweile gibt es sogar Unternehmen, die Internetnutzern eine kostenpflichtige, professionelle Verwaltung ihres digitalen Nachlasses anbieten. Beispiele sind etwa Semno, digitaler-nachlass.com oder deathswitch.com. Allerdings sind auch diese Anbieter nicht ohne Risiko. Was, wenn eines Tages ein solcher professioneller Nachlassverwalter aufhört zu existieren? Vorgekommen ist das schon einmal: Im Falle des schwedischen Anbieters MyWebWill.com.
Sicherheits-Experten halten es aber auch für eine relativ sichere Variante, die kritischen Daten an eine Person des Vertrauens weiterzugeben. Helfen kann dabei möglicherweise auch ein so genannter Passwortmanager. Solche digitalen Tresore ermöglichen ihren Nutzern alle Passwörter zentral abzulegen. Das ist auch für die tägliche Arbeit mit dem Computer praktisch. Wer nur das Master-Passwort an eine Vertrauensperson übermittelt oder ins Testament schreibt, muss dann nur noch die Passwörter im Passwortmanager aktualisieren – und nicht im Testament.
Quelle: FAZ.net
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